Gastspiel COOP05: Aufbruch ins Eis

Gastspiel COOP05: Aufbruch ins Eis

Gibt es noch eine Utopie, der gegenüber man ein Vertrauen aufbauen kann? Wird es Möglichkeiten geben, in den Ruinen des Kapitalismus zu leben? Diese Fragen stellen sich Performer Gerhard Roiss und Musikerin Leonie Schlüter, die den Versuch einer “Standortbestimmung des Menschen im Universum” vollziehen, einer “Denunziation der menschlichen Position in der Abenddämmerung unseres unerschütterlichen Fortschrittsglaubens”.

Das Projekt basiert auf dem autobiographischen Erfahrungsbericht des Polarforschers Richard E. Byrd:
Im Winter 1934 verbringt Byrd sechs Monate allein in der Antarktis im Auftrag der Vereinigten Staaten von Amerika und im Dienste der Wissenschaft, in einem Container, vier Schritte lang und drei Schritte breit, eingegraben im ewigen Eis, in der ungebrochenen Nacht des arktischen Winters. Bei einer Durchschnittstemperatur von – 40 °Celsius versucht er, den Strapazen der Natur zu widerstehen, um der Menschheit Forschungsergebnisse aus der südlichsten Wetterstation der Erde zu liefern. Ein halbes Jahr verbringt der Polarforscher am Fuße der Welt in der Nähe des Südpols. Sein Drang nach mehr Wissen, seine Sehnsucht nach Ruhe und Frieden haben ihn angetrieben, doch was er findet, sind Einsamkeit und eine gnadenlose Natur, die sein Abenteuer schnell zum Wettlauf mit Leben und Tod und den Naturwissenschaftler zum Philosophen werden lassen. Sein Dasein am Rande des Todes wird zur irritierenden Reise ins Innere der menschlichen Existenz.

Die Erzählung ist eine Versuchsanordnung, in der ein Performer und eine Musikerin die Geschichte von Richard Byrd erzählen und sich als “kosmische Clowns” inszenieren, im Dialog mit dem Publikum aus der Bühnenrealität an die Grenze der Existenz. Die extremen Bedingungen dieser Laborsituation lassen es zu, menschliches Handeln unter einem Brennglas zu beobachten, sie lassen es zu, zu den Grundfragen des Lebens vorzudringen. Nach und nach setzt die Zersetzung Ihrer Realität ein: Die Bühnenerzählung wird zu einer bildgewaltigen Reise der Dekonstruktion menschlichen Selbst‑verständnisses. Der Forscher verliert jeglichen Halt, sowohl in erd-zeitlich-genealogischer als auch in räumlich-universeller Hinsicht, sein Werte- und Glaubenssystem zerbröselt, der Kampf ums Überleben wird zur inneren Herausforderung, das “Mensch-Sein” und das “In-der-Welt-Seins” nicht zu verlieren. Am Ende stellt sich die Frage, gibt es einen kleinsten gemeinsamen Nenner, oder sollten wir Menschen das Projekt “Mensch” nicht besser einstellen?

Eine Produktion von COOP05.
Konzeption, Regie, Text, Performer: Gerhard Roiss
Co-Regie, Produktionsleitung: Taly Journo
Musik: Leonie Schlüter
Bühne, Kostüm: Nina Brettschneider
Lichtdesign, szenische Beratung: David N. Koch

Vorstellungen: 02.03. | 03.03. | 04.03.2023 um 20 Uhr

Credits

Produktion

Performance

Produktionsleitung

Musik

Ausstattung

Lichtdesign