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Die Revolution lässt ihre Kinder verhungern
von FUTUR3 in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Köln und Orangerie Theater Köln
Eine theatrales Panoramabild über die Inszenierung von Geschichte(n) am Beispiel des Holodomor in der Ukraine 1932/33.
In den Jahren 1932/33 ereignete sich eine der größten humanitären Katastrophen des 20. Jahrhunderts: Der »Holodomor« (Mord durch Hunger) − ein wenig bekanntes Verbrechen der Sowjetunion in der Ukraine, bei dem mehrere Millionen Menschen verhungerten. Die Hungersnot war die Folge der Zerstörung der Landwirtschaft durch die erzwungene Kollektivierung. Die Regierung unter Stalin schaute zu, nutzte den Hunger, um den Widerstand der ukrainischen Bäuerinnen und Bauern zu brechen und die bolschewistische Macht in den Dörfern zu etablieren, während sie das Geschehen vor der Welt verbarg. Erst seit den 1990er-Jahren ist eine historische Forschung zum Holodomor möglich.
Die Performerinnen erzählen mithilfe von Zeuginnen aussagen, journalistischen Berichten sowie staatlichen Stellungnahmen gegen das Vergessen an. Inspiriert von sowjetischen Geschichtspanoramen erscheinen visuelle Kontexte aus Bildern und Zeitachsen, welche die politischen und persönlichen Hintergründe aufzeigen. Es entsteht ein theatrales Panoramabild, rhythmisiert durch elektronische Sounds und Live-Gesang, das die Manipulation von Geschichte erlebbar macht.
Pressestimmen:
Auf den Bühnentüchern werden die Schauspieler immer wieder zu historischen Figuren: Eine Live-Kamera projiziert sie mit Namen und Hintergrundinfos auf die Tücher. Anja Jazeschann als Bäuerin Magda Hohmann erzählt in verzweifelten Briefen an den Bruder, wie sie Runkeln und Hunde isst. […] Es ist beeindruckend, wie hier mit historischen Dokumenten eine Bildungslücke geschlossen wird. Zudem machen die drei Musiker:innen Mariana Sadovska, Jörg Ritzenhoff und Yasia Sayenko […] den Abend zu einem grandiosen Klangerlebnis: Sie stimmen alte ukrainische Hymnen an, lassen in elektronischen Beats die gefühlte Not eskalieren. […] Ein wichtiger Abend, der historische und poetische Tiefe in mediale Fakten bringt.
(Dorothea Marcus, Die TAZ, 21.11.2022)
Bisweilen erinnert die Aufführung in ihrer Ernsthaftigkeit und ihrem Bemühen um Aufklärung und Dokumentation an die Inszenierungen von Nuran David Calis, die am Schauspiel Köln ja eine lange Tradition haben. Aber – der große Meister mag verzeihen – die Aufführung von Futur3 ist deutlich weniger spröde. Der didaktische Impetus von Erlens Inszenierung verbindet sich geschickt mit künstlerischen Mitteln, die auch die Gefühlswelt ansprechen.
(Dietmar Zimmermann, Theater Pur, 21.11.2022)
In Kooperation mit: Freihandelszone – Ensemble Netzwerk Köln.
Gefördert durch: Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW, Kulturamt der Stadt Köln, Kunststiftung NRW und Ukrainian Institute.